Brettchenbortenweben

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Zum geschichtlichen Hintergrund kann man sagen, dass das Brettchenweben in vielen Kulturen bekannt und schon lange vor der Wikingerzeit weit verbreitet war. Die so entstandenen Bänder sind sehr stabil. Sie werden als Zierborten für Kleider aber zum Beispiel auch als Zaumzeug für Pferde benutzt.

 

Aber wie funktioniert es?

Was wird benötigt….

Du brauchst Brettchen. Die einfachste und trotzdem stabile Variante besteht aus gehärtetem Karton und kann über den Fachhandel bezogen werden. Es gibt auch gehobenere Ausführungen (und authentischere) aus Holz, gehärtetem Leder, Horn oder Metall. Für diese muss man jedoch häufig schon ein paar Silberlinge lassen.

Bunte stabile Fäden in gleicher Stärke. Die Fäden müssen stabil sein, da durch das spätere Drehen der Brettchen die Fäden stark beansprucht werden. Haben die Fäden unterschiedliche Stärken, so wird das Muster der Borte nicht einheitlich.

Um ein Muster zu erhalten brauchst du Brettchenmustervorlagen, nach denen die Fäden in die Brettchen eingefädelt werden.

Ein Webschiffchen für den Schußfaden

Einen Webstuhl braucht man nicht zwingend, jedoch ist das Weben am Webstuhl sehr viel angenehmer und rückenschonender. (Webstuhle fürs Brettchenweben sind bisher nicht gefunden worden und damit historisch nicht belegt, ich kann mir aber beim besten Willen nicht vorstellen, dass sich die Wikingerfrauen nicht irgendeine Form der Arbeitserleichterung gesucht haben)

Wenn du ohne Webstuhl arbeiten möchtest, kannst du das eine Ende des Bandes an deinem Gürtel und das andere irgend wo anders befestigen und so versuchen die nötige Spannung aufzubauen. Je besser die Spannung desto leichter lässt sich der Brettchenblock drehen. Ich habe es ohne Webstuhl versucht und muss sagen besorgt euch einen Webstuhl oder lasst es lieber gleich ganz…

Zu guter letzt gibt es noch Arbeitserleichternde Dinge wie eine GUT schneidende Schere, einen breitzinkigen Kamm und ein Band zum fixieren des Brettchenblocks (am besten bewährt hat sich hierfür ein nicht authentisches Gummiband)

 

Jetzt kann es eigentlich losgehen….

Vorneweg, das Einspannen der Brettchen ist (insbesondere für geübte Weber) weit mehr Arbeit als das Weben selbst. Deshalb immer mindestens Fäden für drei bis vier Meter Borte einspannen, damit sich die Arbeit auch lohnt.

Um das Einspannen zu erklären, muss als erstes das fachchinesisch der Brettchenmuster-Vorlage aufgeschlüsselt werden. Dies machen wir an einem einfachen Beispiel, dass sich auf die meisten anderen Brettchenmuster übertragen lässt.

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Drehrhythmus (4/4)

Die wagrechten Zahlen oben stehen für die Anzahl der Brettchen. Es empfiehlt sich die Brettchen zu nummerieren, so dass man nicht durcheinander kommt.

Die Buchstaben A, B, C, D stehen für die Löcher in den Brettchen. Die Löcher sollten auch mit den Buchstaben versehen werden.

Die Buchstaben L und R bezeichnen die Richtung in welcher der Fäden durch das Brettchen eingefädelt werden müssen. In diesem Fall heißt es, dass man das Brettchen senkrecht vor sich hält und der Faden L von links oder R von rechts eingefädelt werden muss. Bei der Richtungsangabe gibt es Unterschiede in den verschiedenen Mustervorlagen, manche benutzen auch H und V für hinten und vorn, wenn das Brettchen wagrecht vor einem liegt oder auch Pfeile um die Richtung anzuzeigen. Generell lässt sich zur Einfädelrichtung sagen, dass die Richtung innerhalb eines Brettchens immer gleich bleibt.

Beispiel für die Beschriftung eines Brettchens:

Brettchenweben

 

Wir können mit dem Einfädeln beginnen. In das erste Brettchen werden laut unserem Muster in jedes Loch ein grüner Faden von links eingefädelt. In das zweite Brettchen In Loch A ein roter Faden von links und in die Löcher B, C, D ein weißer Faden von links usw. Die eingefädelten Brettchen werden zu einem Brettchenblock übereinander gelegt. Dies natürlich in der numerisch richtigen Reihenfolge und alle Löcher A übereinander , Löcher B übereinander usw. Dieser Brettchenblock sollte nicht durcheinander geraten!!!

Hilfreich ist es beim Einfädeln darauf zu achten, dass sich die Fäden nicht verknoten. Verknotete Fäden kann man nicht weben. Bei unserer Beispielborte, die eher schmal ist und nur 40 Webfäden hat, hat man schon einiges zu tun um die Fäden wieder zu entwirren.

Das einspannen ist die zeitraubendste Arbeit des Webens und diejenige, bei der man sich am meisten konzentrieren muss. Ein Faden falsch (egal ob Farbe oder Richtung ) bringt das ganz Muster durcheinander. Für Webeinsteiger lieber zu Hause auffädeln und am Markt weben.

Wenn du mit dem Einfädeln fertig bist muss das Band in ganzer Länge gekämmt werden. Dazu machst du einen Knoten an das Ende des Bandes an dem du die Brettchen aufgefädelt hast, und ziehst den Brettchenblock (alle Brettchen nummerisch aufeinandergestapelt) in ganzer Länge über das Band. Wenn du nicht aufgepasst hast, dass sich die Fäden beim Einfädeln nicht verknoten, dann wirst du spätestens jetzt deine Handarbeit frustriert in die Ecke pfeffern. (Nicht unterkriegen lassen, hab ich am Anfang auch mindestens drei mal gemacht) Ich fand einen breitzinkigen Kamm immer als gutes Hilfsmittel um die Fäden schon vorzukämmen. Vorsicht, dass dir am Ende des Bandes nicht wieder einzelne Fäden aus den Löchern springen. Wenn du mit dem Kämmen am Ende des Bandes angekommen bist, mach in dieses Ende auch einen Knoten und fixiere den Brettchenblock mit einem Gummiband, so dass er nicht durcheinander kommt. Das noch ungewebte Band kann jetzt auf dem Webstuhl aufgespannt werden. Auf das Webschiffchen wird der Schußfaden gewickelt. Der Schussfaden sollte immer die gleiche Farbe haben wie die Seiten der Borte, in unserer Beispielborte grün.

Wenn du das Band auf dem Webstuhl aufgespannt hast, drehst du den Brettchenblock so, dass die Seiten der Brettchen senkrecht zum Band stehen. Auf diese Weise bildet sich ein dreieckiges Fach zwischen den beiden oberen Löchern und dem Punkt an dem die Fäden wieder zusammentreffen. Durch dieses Fach wird der Schussfaden geführt

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Wie entsteht jetzt aber das Muster…

Spanne das Band im Webrahmen so fest wie möglich, entferne den Gummi der den Brettchenblock hält (Durch die Spannung fällt der Brettchenblock nicht auseinander, ziehe das Gummiband wieder über, wenn du die Spannung vom Webrahmen nimmst)

Es ist jetzt möglich den gesamten Brettchenblock zu drehen. In unserer Beispielborte haben wir einen Drehrhythmus von vier vor und vier zurück.

Das heißt:

1. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach vorne drehen, ein neues Fach bildet sich,

2. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach vorne drehen, ein neues Fach bildet sich,

3. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach vorne drehen, ein neues Fach bildet sich

4. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach vorne drehen, ein neues Fach bildet sich,

Richtungswechsel

1. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach hinten drehen, ein neues Fach bildet sich,

2. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach hinten drehen, ein neues Fach bildet sich,

3. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach hinten drehen, ein neues Fach bildet sich,

4. Schussfaden durchführen, Brettchenblock nach hinten drehen, ein neues Fach bildet sich,

Wieder von vorne….

 

Am Anfang befürchtet jeder sich ständig zu verzählen, aber nach einer Weile sieht jeder Weber am Muster, wie er gerade drehen muss.

Zum Drehrhythmus kann man sagen, dass es verschiedene Rhythmen gibt. Dieser wird immer mit zur Brettchenmustervorlage geschrieben. In unserer Beispielborte steht (4/4).

Es gibt aber auch (8/8) oder (12/12). Je höher die Zahl desto schwieriger wird es zu weben, da sich beim Drehen die Fäden verzwirnen und das Webfach so immer kleiner wird.

Besondere Borten….

Es gibt natürlich noch Besonderheiten wie beispielsweise Brettchen mit drei, fünf oder sechs Löchern. Allerdings ist es nicht ganz einfach solche Brettchen zu bekommen und Brettchenmustervolagen für solche zu finden.

Dann gibt es noch das so genannte und bei Wikingern sehr beliebte Widderhorn. Hierbei wird aus den Brettchen nicht ein sonder zwei Brettchenblöcke gebildet, die in unterschiedlichen Drehrhythmen gedreht werden müssen. Dieses Muster ist nichts für schwache Nerven.

Ich hoffe die lange Anleitung verschreckt niemanden, sondern wird als das empfunden was sie ist: Eine Beschreibung mit allen kleinen Tricks die einem die Arbeit vereinfachen können. Viel Spaß beim ausprobieren!

Manadis, die Harte, Bersedottir

Wer sich mit dem Brettchenweben intensiver Beschäftigen möchte dem empfehle ich das Buch:

Das Abenteuer der experimentellen Archäologie; Einblicke in die Entwicklung des textilen Handwerks mit Schwerpunkt Brettchenweben, Sarina Maria Lesinski, Fabuloso Verlag

ISBN 3-93591217-X