Mythologisches Lexikon – W

Wafthrudnir: >Der im Verwickeln Starke<, ein besonders weiser Riese, der mit Odin eine Wissenswette austrägt (Wafthrudnirlied).

Wal: >Wal kiesen< (d.h. die Toten auserwählen) gehört zum Beruf der Walküren, den sie auf der Walstatt (>Schlachtfeld<) ausüben.

Walaskjalf: Einer der Wohnsitze (der Dritte) Odins in Asgard. Diese schöne Halle ist mit silbernen Schindeln gedeckt. Dort ist auch der berühmte Hochsitz Hlidskjalf gelegen, von dem aus Allvateralle Welten überblickt.

Walhall: >Halle der auf der Walstatt Gefallenen<, die berühmteste Stätte in Asgard. Hier empfängtWalvater (das ist Odin) die von den Walküren zugeführten Einherjer. Hier feiern sie ihre Trinkgelage (Äl) und lassen sich von den Walküren bewirten.

Die riesige Walhall ist ein Teil von Gladsheim. Sie ist mit Schilden gedeckt, ihre Wände sind Speere und durch jede ihrer 540 Pforten können 800 Einherjer auf einmal hindurchgehen (432000 gleichzeitig).

Wali: Auch Ali, Sohn Odins und der Rind, der Rächer Balders; tapfer im Streit und ein vorzüglicher Schütze. Nach der Wöluspa (>der Seherin Gesicht<) ist er nur eine Nacht alt, als erHöd tötet. Außer Widar ist Wali der einzige Ase, der in den Ragnarök nicht getötet wird; mit ihm zusammen, Balder und Höd und Thors Söhnen Magni und Modi herrscht er in der neuen Welt.

Skaldenpoetik: „Wie umschreibt man Wali?– Man nennt ihn Sohn Odins und der Rind, der Frigg Stiefsohn, Bruder der Asen, Rächer– Asen Balders, Feind Höds und dessen Töter, Hauser auf Vatergrund“ (Thule Band 20).

Wali: Ein Sohn des Loki und der Sigyn. In ihrer Rage auf Loki verwandeln ihn die Asen in einenWolf und lassen ihn seinen Bruder Narfi zerreißen.

Wali: Name eines Erdzwergs.

Walküren: >Totenwählerin<. Angetan mit Schild und Speer (ein Odinszeichen), mit Helm undBrünne, auf schnellen Rossen durch die Luft jagend: die Gehilfinnen, und zum Teil auch dessen Töchter, Odins in jeder Schlacht. Sie verleihen Sieg, sie kiesen Wal, sie bewirten in Walhall dieEinherjer und sind selbst herausragende Kriegerinnen. Ihr eigener Wohnsitz ist Wingolf.

Snorri nennt vor allem anderen drei: Gund, Rota und Skuld (die letzte auch eine Norne), sie reiten den Kämpfenden voran. Auch Hild spielt eine besondere Rolle, wird sie doch von Snorri alsBrynhild gedeutet. Die übrigen heißen Geirahöd (>Lanzenkampf<), Göll (>Ruferin<), Göndul(>Wölfin<), Gunn, Herfjöt (>Heerfessel<), Hjörthrimul, Hlökk (>Frohlocken<), Hrist (>Sturm<),Mist (>Nebelgrau<), Radgrid, Randgrid, Reginleif, Sangrid, Skeggjöld, Skögul, Swipul undThrud (>Gewalt<).

Die Walküren waren allerdings in früheren Vorstellungen nicht immer so heroisch wie sie in den Wagneropern dargestellt werden. Sie waren leichenfressende Dämonen, die die Opfer des Krieges verzehrten. Das Walkürenlied aus der Njalssaga zeigt noch ihren blutrünstigen Hintergrund.

Walvater: >Vater der Gefallenen<, ein Beiname Odins. Die Krieger, die zur Wal gekiest werden und auf der Walstatt tot liegen bleiben, gehören zur Hälfte ihm, zur Hälfte Freyja. Die ihm gehörigen ziehen als Einherjer in Walhall ein.

Wan: Einer der zu den Eliwagar zählenden Flüsse.

Wanargand: Ein Name des Fenrirs.

Wanen: Eine eigene Göttergruppe (hauptsächlich Vegetationsgötter) mit dem Sitz Wanenheim. Snorri berichtet in der Prosaedda wie auch in der Ynglinga saga (Thule Band 14) vom Krieg derAsen gegen die Wanen, ausgelöst durch Gullweig. Er knüpft den Kampf und die Aussöhnung beider Göttergruppen an das Heimischwerden Odins in Skandinavien. Es findet gewissermaßen ein Göttertausch statt: die drei Wanen Njörd, Freyr (>Herr<) und Freyja (>Herrin<) wechseln zu den Asen, es sind Hochangesehene Götter der Fruchtbarkeit, des Reichtums und Glücks.

Geschwisterehe, wie bei Njörd, wird bei den Wanen erlaubt, von den Asen nicht. Die „Wanen – Dis“ Freyja lehrt die Asen Ihre Zauberkünste (Seidr), so wie auch Gullweig Zauber – und zukunftskundig war.

„Es gibt Anhaltspunkte dafür, dass die Vanir nicht im Himmel sondern in der Tiefe der Erde und des Meeres lebten, und die schönen Riesinnen der Unterwelt, die sich mit den Himmelgöttern vermählten, könnten Manifestationen der Göttin Freyja sein, die, wie Snorri weise anmerkt, als letzte der Gottheiten unterging“ (Hilda R. E. Davidson).

Wanenheim: Der fruchtbare und liebliche Wohnsitz der Wanen und eine der neun Welten.

War: Eine Asin, die als Schutzgöttin von Verträgen gilt, besonders der Gelübde zwischen Mannund Frau. Nach Snorri ist sie mit der Göttin Wör identisch.

Wartari: Ein zauberischer Faden, mit dem Zwerg Sindri vergeblich versuchte, Loki den Mund zuzunähen.

Wasud: >Ungestümes Wetter<, Ein Riese, der Vater des Windswal und Großvater des Vetr (>Winter<, siehe dort).

We: Ein Sohn des Bor und der Bestla und Teil jener Göttertrias, die die Welt und das ersteMenschenpaar schufen: Ask und Embla. Ebenso wie Wili gilt We als der Bruder Odins. Dessen Gattin Frigg bekommt von Loki zu hören (Lokasenna), sie habe mit den beiden Ehebruch getrieben; darauf spielt auch die Ynglinga saga an.

Werderfölnir: >Wettermacher<, der Habicht, der zwischen den Augen des Adlers hoch oben aufYggdrasil sitzt.

Weitblau: Siehe Widblain.

Weltbaum: Siehe Yggdrasil.

Weltbrand: Siehe Surt.

Welten: Die nordische Mythologie kennt neun Welten: Muspellheim, Albenheim, Asenheim(Godheimr), Wanenheim, Windheim, Mannheim, Jötunheim, Myrkheim, und Niflheim.

Sie werden entsprechend von Muspellsöhnen, Lichtalben, Asen, Wanen, Seelen, Menschen,Riesen, Zwergen und Toten bewohnt.

Snorri erzählt, dass Hel Gewalt über neun Welten habe, von denen Niflheim noch tiefer als das Totenreich läge. Der Weg vom Land der Götter zur Hel dauert neun Nächte.

Weltenesche: Siehe Yggdrasil.

Weltuntergang: Siehe Ragnarök.

Weor: >Schirmer<, ein Beiname Thors.

Werdandi: Die mittlere der drei Nornen, die >das Seiende, das Gegenwärtige<, kennt.

Westri: >Wester<, einer der vier Zwerge und der personifizierte Westen, die an den Ecken derWelt stehen, und durch abwechselndem Blasen den Wind erzeugen. Er stammt aus der Sippe derErdzwerge.

Widar: Ein Sohn Odins und der Riesin Grid: er ist schweigsam und fast so stark wie Thor, wohnt nicht wie die anderen Asen in einem Palast, sondern im Walgestrüpp (Grimnirlied Strophe 17:„Gesträuch wächst und starkes Gras auf Widars Waldgebiet; auf Rosses Rücken zu rächen den Vater, verheißt dort der Heldensohn.“). In den Ragnarök rächt er seinen Vater, indem er demFenrir mit Hilfe seines Eisenschuhs den Schlund aufreißt, so dass dieser krepiert. Widar und Walisind die einzigen überlebenden Asen, mit Balder und Höd, und Thors Söhnen Magni und Modiwerden sie auf dem Idavöll herrschen.

Skaldenpoetik: „Wie umschreibt man Widar?– Ihn kann man nennen den Schweigsamen Asen, Besitzer des Eisenschuhs, Feind und Töter des Fenrir, Rächer– Asen der Götter, Hauser– Asen auf Vatergrund, Sohn Odins, Bruder der Asen“ (Thule Band 20).

Widblain: >Weitblau<, der dritte Himmel, dort wo die Lichtalben wohnen und sich auch Gimlebefindet.

Widfinn: >Waldfinne<, der irdische Vater der Bil und des Hjuki.

Widofnir: Der goldglänzende Hahn in den Wipfeln des Baumes Mimameid.

Widolf: Der Stammvater aller Seherinnen, Zauberinnen, Hexen (siehe auch Wölwa).

Widrir: >Wetterer<, ein Beiname Odins.

Wigg: Einer derer aus der Sippe der Erdzwerge.

Wigrid: Die hundert Quadratmeilen große Ebene, auf der in den Ragnarök die letzte große Schlacht stattfindet: hier die Asen und ihre Verbündeten, den Einherjern, Wanen, Alben undZwergen, dort Hymir und Surts Scharen (Riesen, Dämonen und Untoten).

Wili: ein Sohn des Bor und der Bestla; mit seinen Brüdern Odin und We schuf er die uns bekannteWelt und das erste Menschenpaar Ask und Embla.

Wilmeid: Der Ahnherr aller Zauberer und Wahrsager (vitkar), die es auch mit den Seidkundigen haben (siehe auch bei Wölwa und Widolf).

Wimur: Der Fluss, den Thor durchwaten muss, als er ostwärts zum Riesen Geirröd reist.

Wind: Der personifizierte Wind heißt Kari, >der über die Winde herrscht<, ein Sohn des Urzeitriesen Fornjodur. Seine Brüder sind Hler (>Wasser<), und Logi(>Feuer<). Nach Snorri ist es der Riese Hräswelg in Adlergestalt, der den Wind hervorruft. Nach wieder anderer Vorstellung kommandiert der Zwerg Windalf die Zwerge der vier Himmelsgegenden, nämlich Vestri (Westri),Austri, Sudri und Nordri, durch wechselseitiges Blasen Wind zu erzeugen.

Skaldenpoetik: „Wie umschreibt man den Wind? – Man nennt ihn Fornjodurs Sohn, Bruder Ägirsoder des Feuers, des Holzes Brecher, oder Schädiger oder Töter oder Hund oder Wolf des Holzes, des Segels oder des Segelgeräts“ (Thule Band 20).

Windalf: Der Zwerg, der die vier Zwerge der Himmelsgegenden kommandiert. Durch das wechselseitige Blasen Austris, Westris, Nordris und Sudris entsteht der Wind. Windalf stammt von der Sippe der Erdzwerge ab.

Windheim: Der Wohnsitz der Seelen und eine der neun Welten.

Windljoni: Siehe Windswal.

Windswal: >Eiswind<, Ein Riese, Sohn des Wasud und Vater des Vetr (>Winter<).

Wingir: Ein Gewittergeist, die ,zusammen mit Hlora, den ungestümen Thor erzieht.

Wingolf: >Halle der Freundschaft<, der Wohnsitz der Asinen und speziell der Walküren.

Wingthor: >Wagenthor<, ein Beiname des Thor.

Winter: Vetr, personifiziert als Sohn des Riesen Windswal, der den strengen Winter ins Asenreich brachte. Windswal, der auch Windljoni heißt, ist wiederum ein Sohn des Wasud.

Skaldenpoetik: „Wie umschreibt man den Winter? – Man nennt ihn den Sohn Windswals und den Töter der Schlangen, auch die Schauerzeit“ (Thule Band 20).

Wirwir: Einer der Hügelzwerge.

Wit: Ein Erdzwerg.

Wögg: Ein Mann niederer Herkunft, der dem König Hrolf den Spitznamen Kraki (>Kleine Stange<) gab.

Wölfe: „Der graue Wolf belauert den Wohnsitz der Götter“, sagt Odin in den Eiriksmal, einem Gedicht des 10. Jahrhunderts. Ihm selbst folgen zwei Wölfe, Freki und Geri (die auch Walhallbewachen), aber Odin ist es auch, der durch das Wolfsungeheuer Fenrir umkommt. Skadi gilt u.a. als Schutzgöttin der Wölfe.

Die Wolfsbrut Hati und Sköll (Fenrirs Söhne)wird von der Riesin Gyge im Wald Jarnwidaufgezogen, und Wölfe gelten als Reittiere der Riesinnen, Die Asen verwandeln Wali, einen SohnLokis, in einen Wolf, damit er seinen Bruder töte. In den Ragnarök wird Mani (>Mond<) vonManagarm (andere sagen, von Fenrir) verschlungen.

Skaldenpoetik: „Wolf schluckt Geris Gärgetränk / Gjalps Stute lief im Blut / Das dunkle Volk da / viel Frekis Weizen schleckte“ (Thule Band 20, Geris Gärgetränk ist Blut, Gjalps Stute eine Wölfin. Wenn Frekis Weizen blüht, gibt es viele Leichen zu fressen für das dunkle Wolfsgelichter.)– Das Anlegen von Wolfsgewändern (ulfahamir) macht die Menschen zu Wölfen: so erging es Sigmund undSinfjötli in der Wölsungen Saga. In diesem Zustand (Ulfhednar) wurden sie zu Berserkern.

Wölsung: Stammvater der Wölsungen (volsungar), das heißt der nordischen Nibelungen. Er ist der Vater Sigmunds, der Großvater Sigurds; auch Gudrun und Brynhild sind mit ihm versippt. Siehe Wölsungen Saga, Thule Band 21.

Wölwa: Auch Vala: die Seherin und Prophetin, „ein hochheiliges Wesen des Alterthums, zugleich auch seidkundig“ (Jakob Grimm). Wöluspa ist die wohl grandioseste Weissagung einer Wölwa– von der Erschaffung der Welt bis zu ihrem Untergang und Wiedererstehen, wobei keineswegs nur vorchristlich– mythische, sondern auch ausgesprochen christlich – eschatologische Vorstellungen einbezogen sind. In „Balders Träumen“ (Baldrs draumar) weissagt eine Wölwa schweren Verlust für die Götter, Balders Tod und Rache. Der „Engel des Todes“ aus Ibn Fadlans Reisebericht zu den Bulgar – Rus, kann man mit einer Wölwa assoziieren.

Wör: Eine Asin, die durch ihre Klugheit über die Geheimnisse bescheid weiß.

Wolund: Südgermanisch Wieland, ein halbgöttlicher Schmied, der bekannt für seine Brünnen und Schwerter war. Seine Gemahlin hieß Alvit. Der schwedische König Nidud lies ihn gefangen nehmen und verbannte ihn mit durchschnitten Beinsehnen auf eine abgelegene Insel verbannen lies. Wolund rächte sich in dem er die beiden Söhne Niduds erschlug, und deren Schädel als Ziergefäße zurücksandte. Daraufhin baute er sich Flügel und entflog gen Walhall.

Ein langes Hügelgrab in Uffington/Wiltshire wird seit Menschengedenken mit ihm in Verbindung gebracht.

Wotan: Auch Wodan, Südgermanischer Name Odins. „Wodan id est furor, >Wodan, das ist Wut<“, schreibt Rudolf von Fulda (gest. 865 n.Chr.). Genauer übersetzt heißt es: >der, welcher wütet<. Tacitus vergleicht ihn mit dem römischen Mercurius.